Das letzte Einhorn

Wer kennt ihn nicht, den Kinderfilmklassiker, das letzte Einhorn? Ein einsames Einhorn macht sich auf die Suche nach anderen Einhörnern, es möchte nicht glauben, dass es das letzte auf Erden ist. Auf der Suche begegnet das Einhorn einem Zauberer und einer Zigeunerin. Sie werden Weggefährten. Gemeinsam treffen sie auf den roten Stier, ein böses Wesen, das alle Einhörner für sich haben möchte. Dem Zauberer bleibt zur Rettung des letzten Einhorns nur dessen Verwandlung in eine menschliche Gestalt.
Ist es nicht in der realen Welt oft ähnlich? Wir werden geboren, sind jeder für sich einzigartig. Was ganz besonderes, unverwechselbar, ein absolutes Unikat. Wir ziehen los, begeben uns auf den Weg, den Weg unseres Lebens. Wir gehen auf die Suche nach vertrauten Seelen, anderen Einhörnern. Wir begegnen Menschen, Freunden, wenn nicht sogar Zauberern. Doch dann erscheint der rote Stier, vielleicht nicht nur einer, sondern eine ganze Horde, in Form von Neid, Hass, Medien. Sie treiben uns vor sich her, lassen einem kaum noch Luft zum atmen. Und dann geschieht es, wir lassen uns „verzaubern“, passen uns an. Quetschen uns als Einhorn in einer unangenehmen Hülle. So verschwinden wir, werden für die Augen des roten Stiers unsichtbar. Plötzlich gehen wir auf zwei Beinen, erst wackelig, dann werden die Schritte immer sicherer. Wir kleiden uns, machen uns schön, passen uns an und verstellen uns. So fallen wir nicht mehr auf. Je länger wir so bleiben, desto mehr verschwindet unsere Identität. Wir fangen an uns neu zu erfinden, aus Angst gesehen zu werden. Denn was haben wir schon den Stieren entgegenzusetzen. Aber so sehr wir es auch versuchen, ganz tief in uns spüren wir, dass die Hülle eigentlich gar nicht passt. Sie ist eng, schnürt ein, kratzt an allen Ecken und Kanten. Wie soll es auch anders? Sind wir doch alle wunderbare, einzigartige Geschöpfe, jeder für sich ein Unikat. Kein Stier ist es wert sich zu verwandeln. Ich bin ein Einhorn, und bestimmt nicht das Letzte!

Oder?

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Kommentare: 1
  • #1

    Anita (Dienstag, 06 Februar 2018 13:42)

    Sehr schön, Sabrina. Bleib dir treu!!!